Die Konstitution bestimmter (Stadt-, und Haus-) Typen steht in Relation zu den sie umgebenden und bedingenden, von ihnen abhängigen und von ihnen beinflussten sozialen, ökonomischen und ökologischen Prozessen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort. „Architektur ist eine von Vielem und Vielen abhängige Kunst“ (Amhoff et al, 2017:9) schreiben die Herausgeber in ihrer Einleitung des Bandes „Produktionsbedingungen der Architektur. Zwischen Autonomie und Heteronomie.“ Sie suchen dabei aus unterschiedlichen Perspektiven auf einen Gegenstand - die Architektur - Verhältnisse und Abhängigkeiten zu klären und dessen Produktion darzustellen. Erweitert dazu geben Latour und Yaneva in „Give me a gun, and I will make all things move“ (2008) Einblick in die aus der Soziologie kommenden Akteurs-Netzwerk Theorie und ihre Perspektive der Übersetzung auf die Architektur mit ihren Abhängigkeiten und Bedingungen. Welches sind dabei die sichtbaren und unsichtbaren Strukturen d…
ie unseren gebauten Strukturen inne liegen (vgl. Burchhardt 2012)? Die Komplexität der Genese und die Interdependenzen sind vielfältig und in geschichtlichen Nacherzählungen, sowie typologischen Zusammenfassungen dokumentiert (vgl. bspw. Benevolo 2007, Magnago Lampugnani 2010).
In der Übung Stadt versuchen wir spezifische Fälle und verschiedene „Typologien“ (Stadthaustypen, Siedlungstypen, Großformen …) über 12 vorgegebene Kategorien zu untersuchen. Wir befragen dabei die historischen Entwicklungen (1 Vorläufer, 2 Prototyp, 3 Typ), die städtischen Maßstäbe und additiven Prinzipien (4 Block, 5 Quartier, 6 Stadt), die zu einem bestimmten Zeitpunkt herrschenden Gegebenheiten, Regeln und Praktiken (7 Stadt und Bodenpolitik, 8 Landschaft und Klima, 9 Nutzung, Aneignung und Gebrauch) und erörtern welche Elemente Veränderungen unterliegen oder Beständigkeit herstellen (10 Transformationen, 11 Standards, 12 Resilienz). Dabei fragen wir nach den Relationen gebauter Strukturen, gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Gegebenheiten und Anordnungen. Wir interessieren uns für Konstruktionsprinzipien, Typologien und Modelle, wir untersuchen die Zuschnitte von Parzellen und fragen nach den dahinterliegenden Geschichten, wir erschließen uns die Ordnungssysteme der Stadt. Welchen Vorgaben, Regeln, Gesetze bedingen die jeweiligen Typen und Projekte? Wie werden stadträumliche und landschaftliche Gegebenheiten aufgenommen, mit eingebunden oder auch ignoriert? Wie eignen sich die Bewohner*innen die Strukturen an, wie bewohnen, verändern und überformen sie diese in Abhängigkeit zu ihren jeweiligen Bedarfen? Wie sind sie von den sie umgebenden Materialitäten beeinflusst? Welches sind die übergeordneten Rahmenbedingungen die diese Produktion von Alltagsarchitektur ermöglicht haben und ggf. weiterhin ermöglichen könnten?
Ein Untersuchungsraum, bzw. der zu untersuchende Gegenstand kann dabei aus verschiedenen Perspektiven heraus betrachtet und analysiert werden, immer möglichst in Verbindung und Relation zu den benachbarten Kategorien. Dem Gegenstand wohnen dabei viele unterschiedliche Narrative inne, die nicht allein objektiviert erzählt werden können. Umso wichtiger dabei ist es demnach, die Erzählung oder den zu erzählenden Aspekt des untersuchten Gegenstandes in Relation zu weiteren Aspekten und Untersuchungskategorien zu bringen, um Abhängigkeiten und Beziehungen untereinander sichtbar werden zu lassen und darstellen zu können. Die Anordnung im Untersuchungsraster der „Wand“ erlaubt dabei, spezifische Themen und Parameter in ihrem Verhältnis zu den weiteren Untersuchungsfeldern zu diskutieren und sich so die Komplexität der jeweiligen Projekte und Strukturen zu erschließen.
Amhoff, T.; Hilbig, H.; Weckherlin, G. (2017): Produktionsbedingungen der Architektur. Zwischen Autonomieund Heteronomie. Dresden: Thelem Universitätsverlag.
Burckhardt, L. (2012): Design ist unsichtbar. Berlin: Schmitz.
Benevolo, L. (2007): Die Geschichte der Stadt. Frankfurt am Main u.a..Campus.
Magnago Lampugnani, V. (2010): Die Stadt im 20. Jahrhundert: Visionen, Entwürfe, Gebautes Bd.1. Berlin: Wagenbach.
Magnago Lampugnani, V. (2010): Die Stadt im 20. Jahrhundert: Visionen, Entwürfe, Gebautes Bd.2. Berlin: Wagenbach.
Yaneva, A.; Latour, B. & Geiser, R. (ed.) (2008): Give me a Gun and I will Make All Buildings Move: An ANT’s View of Architecture. In Explorations in Architecture: Teaching, Design, Research. Birkhäuser Verlag Ag, Basel, pp. 80-89.
weiterlesen